4. Welche digitalen Angebote können bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft behilflich sein?

Digitale Hilfsmittel in der Landwirtschaft
Wie in allen Lebensbereichen schreitet die Digitalisierung auch im Bereich der Landwirtschaft voran. Dabei sollen moderne Technologien und digital vernetzte Systeme zur Vereinfachung von komplexen Arbeitsabläufen führen, eine Arbeitserleichterung darstellen sowie die Effizienz steigern. Zur Digitalisierung gehören u. a. die Bereiche Sensorik, Robotik, Automation, Künstliche Intelligenz und Big Data. So kann z. B. mithilfe der Präzisionslandwirtschaft (Precision Farming) oder Smart Farming der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln reduziert werden, wodurch Produktionskosten eingespart werden. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln indirekt auch der Natur zu Gute kommt. Andererseits wäre es aber auch denkbar, dass eine effektivere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln die Ackerbegleitflora stärker eindämmt und sich entsprechend negativ auf die Biologische Vielfalt auswirkt. Die Anwendungsfälle für den Einsatz der meisten neuen Technologien sind auf Ertragssteigerung bzw. Einsparung von Produktionskosten ausgerichtet. Die Förderung der Artenvielfalt stellt lediglich einen positiven Nebeneffekt dar. Daher gilt es, die ökologische Wirksamkeit dieser Anwendungsfälle zu bestimmen sowie die interdisziplinäre Forschung zur Unterstützung ökologischer Prozesse in der Landwirtschaft durch digitale Hilfsmittel auszubauen.

Digitale Angebote für die Schnittstelle Landwirtschaft und Naturschutzarbeit
Einen guten Überblick über digitale Technologien in der Landwirtschaft, aus dem Blickwinkel des Naturschutzes, gibt der Bericht von ZALF und IÖW (Kliem et al. 2022). Um aussagekräftige Tipps über den Mehrwert von digitalen Hilfsmitteln und neuen Technologien für die Biologische Vielfalt zu geben, bedarf es allerdings der Schließung von Forschungslücken. Einige wenige digitale Tools, die häufig noch in ihren Kinderschuhen stecken, sollen hier jedoch Erwähnung finden:

  • E-Learning-Plattform für Biodiversitätsberater und Landwirte
    Nicht immer ist die Inanspruchnahme einer Biodiversitätsberatung bzw. eine fortlaufende Naturschutzberatung möglich. Deshalb befinden sich einige internetbasierte Tools zur Unterstützung von Landwirten bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in der Entwicklung oder Erprobung. Hierzu zählen z. B. E-Learning-Plattformen rund um das Thema Biodiversität in der Landwirtschaft wie „Raum für Vielfalt“. Hier können sowohl Berater als auch Landwirte Online-Fortbildungen zu Biodiversitätsmaßnahmen und deren Umsetzung wahrnehmen.
  • App zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen
    Zudem wird zum Zeitpunkt der Überarbeitung des AgrarNatur-Ratgebers die sogenannte NatApp zur Vereinfachung der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen (zunächst AUKM) in einer Testphase erprobt. Die NatApp soll dabei eine Hilfestellung von der Planung bis zur Durchführung sowie einer rechtsicheren Dokumentation und Kontrolle der Maßnahmen geben, sodass die Zusammenarbeit zwischen Bewirtschafter und Behörden vereinfacht wird.
  • Online-Marktplatz für die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen
    Die Online-Plattform AgoraNatura bildet einen Marktplatz für zertifizierte Naturschutzmaßnahmen
    und führt Naturschutzumsetzer und Investoren zusammen. Mittels Crowdfunding können Naturschutzaktivitäten finanziert und umgesetzt werden. Die Investoren erhalten im Gegenzug Naturschutzzertifikate.
  • Bestimmungs-Apps für Tier- und Pflanzenarten
    Zur Bestimmung und zum Kennenlernen von Pflanzenarten, wie z. B. Beikräuter auf dem Acker oder unterschiedliche Tiergruppen, können verschiedene Apps wie Flora IncognitaNaturgucker oder BirdNET verwendet werden. Apps wie Agrar Bestimmer oder auch AgAssist geben Hinweise über einen möglichen Pflanzenschutzmitteleinsatz. Hierbei entscheidet die Zielstellung der Nutzung, ob die App positive Effekte auf die Natur hat oder nicht.
  • Melde-App für Tier- und Pflanzenarten
    Hilfreich kann zudem die Naturgucker-Meldeapp zur Dokumentation von Tier- und Pflanzenarten sein. Sie dient dazu persönliche Beobachtungen von Pflanzen oder Tieren zu melden, Daten zu sammeln und für das Netzwerk bereitzustellen. Die dazugehörige Webseite bietet aktuelle Fund- und Verbreitungskarten, Beobachtungsgebiete mit wertvollen Hinweisen sowie Erkennungshilfen. Aufbauend bietet die NABU Naturgucker-Akademie einen interaktiven Online-Lernort für Naturbegeisterte mit Fakten zur Biologie und Ökologie verschiedener Arten.
  • Pflanzenschutzdienste für die Landwirtschaft zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes
    Auch können Online-Pflanzenschutzdienste (z.B. argus-monitoring) wahrgenommen werden, die die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln unterstützen. Mittels Überwachung eigener Anbauflächen basierend auf Analysen der Kulturen, kombiniert mit einem Informationsnetz aus Monitoring-, Wetter- und Prognosedaten, liefern die Anbieter exakte, regionalisierte Daten zur Gefährdungs- und Befallssituation der Bestände. Zu beachten ist, dass bei solchen Beratungsangeboten die Optimierung der Produktionskosten klar im Vordergrund steht.
  • Technologien für die Landwirtschaft
    Geografische Informationssysteme (GIS) sowie Drohnen können beim genauen Lokalisieren und Festlegen von Naturschutzmaßnahmen auf der Fläche helfen. So können etwa durch Angaben von exakten Standorten mittels GPS-Koordinaten Aussparungen für Brutgelege bei der Bearbeitung auf Flächen vorgenommen werden. Hierzu können häufig vorinstallierte Karten- oder Navigations-Apps auf mobilen Endgeräten genutzt werden. Präziser sind jedoch Geräte und Systeme, die auf dem sogenannten Echtzeitkinematik-Verfahren (engl. Real-Time Kinematic (RTK)) basieren. Erhältlich sind diese bei Landmaschinenherstellern sowie unabhängig auf dem Markt.

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