5. Wie können Nützlinge gefördert und Schaderreger auf natürliche Weise reduziert werden?

Nützlinge können aktiv gefördert werden, indem für diese (mehrjährige) Lebens- und Nahrungsräume gestaltet werden. Dies ist etwa mit sogenannten Nützlingsblühstreifen oder der Anlage von nützlingsfördernden Hecken möglich. Die Förderung von Nützlingen, wie Marienkäfern und Florfliegen, kann Schaderreger, wie Blattläuse oder Kartoffelkäfer, in landwirtschaftlichen Kulturen auf natürliche Weise reduzieren.

Anlage von Nützlingsblühstreifen zur Förderung von Nützlingen

Ziel und Wirkung

  • Förderung von Nützlingen durch Bereitstellung von speziell für Nützlinge geeigneten Lebens- und Nahrungsräumen (siehe Abb. 9)
  • Regulierung von Schaderregerpopulationen durch Nützlinge (Stärkung der Selbstregulation)
  • Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, insbesondere von Insektiziden, durch die Förderung von Nützlingen
  • Gleichzeitig Förderung der Struktur- und Artenvielfalt durch eine Etablierung extensiv genutzter Bereiche. Förderung weiterer Tiere, wie Vögel, Amphibien oder auch Reptilien, die ebenfalls zur Reduzierung von Schaderregern beitragen
  • Zusätzliche positive Wirkung auf die Bestäubung von angrenzenden Kulturen

Abbildung 9 / Wirkungskreis der Nützlingsblühstreifen

Geeignete Standorte

  • siehe Maßnahme A2 Einsaatbrache
  • In der direkten Nähe zu mehrjährigen Kulturen oder Dauerkulturen
  • Besonders geeignet sind Standorte, die zur weiteren Vernetzung von Biotopen dienen können

Weniger geeignete Standorte

  • Blühstreifen direkt angrenzend an naturnahe oder extensive Wiesen sind bei bekanntem Schneckendruck zu meiden
  • Auf Flächen mit hohem Beikrautdruck (z. B. ehemalige Brachflächen) sollte vor der Einsaat der Nützlingsstreifen eine besonders sorgfältige mechanische Beikrautbekämpfung stattfinden

Umsetzung/Durchführung

Anlage

  • Identifizierung der Schadorganismen, um geeignete Nützlinge als natürliche Gegenspieler (Antagonisten) auszuwählen und gezielt fördern zu können
  • Auswahl einer maßgeschneiderten Mischung bzw. von speziellen Pflanzenarten, die für die jeweiligen Nützlinge besonders attraktiv sind (z. B. Anlockung durch Nektar und Pollen, damit Nützlinge in die angrenzende Kultur einwandern). Nützlinge wie Schwebfliegen und Marienkäfer werden beispielsweise von Kornblumen stark angezogen
  • Möglichst streifenförmige Anlage angrenzend an Kultur oder in der Feldmitte. Bestenfalls alle 100 m Nützlingsstreifen oder ökologische Strukturen wie Hecken einrichten, sodass den Nützlingen ein Zugang zur gesamten Kulturfläche ermöglicht wird

Pflege

  • siehe Maßnahme A2 Einsaatbrache
  • Gestaffelte Bearbeitung (Mahd, Mulchen usw.), um Rückzugsbereiche zu erhalten
  • Verzicht auf Pflanzenschutzmittel in den Nützlingsstreifen bzw. Nützlingshabitaten sowie Vermeidung des Abdrifts auf diese Flächen. Daher wird generell empfohlen, einen ausreichenden Abstand zu den Nützlingsflächen einzuhalten
  • Für den Fall, dass ein Insektizideinsatz mit bienenfeindlichen Mitteln (B1) beispielsweise im Wein- oder Obstbau unvermeidlich ist, sollten daran angrenzende Streifen (z. B. blühende Fahrgassen) vorher gemulcht werden, um potenzielle Bestäuber vorab zu vergrämen
  • Soweit möglich, Nützlingsstreifen über Winter als Überwinterungsort für Nützlinge stehen lassen und erst zum Winterende Pflegemaßnahmen durchführen. Hierzu am besten 10–20 cm über dem Boden mähen, um die Rosetten der mehrjährigen Pflanzen nicht zu beschädigen. Bei viel abgemähter Biomasse, sofern möglich, diese entfernen, um den darunter wachsenden Nützlingspflanzen ausreichend Licht zu belassen

Standzeit

  • siehe Maßnahme A2 Einsaatbrache
  • Mindestens über den Winter
  • Möglichst mehrjährig stehen lassen (3–5 Jahre), da die Wirkung der Nützlinge auf die Schädlingsregulierung erst ab dem 3. Standjahr ihre Effektivität in vollem Umfang erreicht

Ausbringen von Nützlingen in den Bestand – integriertes Pflanzenschutzverfahren
Nützlinge können nicht nur durch die gezielte Anlage von Habitaten gefördert werden. Auch eine aktive Ausbringung ist möglich, um eine schnellere und spezifischere Bekämpfung der Schaderreger zu erreichen. Je nach Schädlingsbefall können spezielle Nützlinge eingesetzt und gefördert werden. So sind beispielsweise Florfliegen, Raubwanzen, Schlupfwespen oder Marienkäfer in verschiedenen Entwicklungsstadien im Handel erhältlich. Bisher findet der Einsatz überwiegend Verwendung in Gewächshäusern oder Obstplantagen. Aber auch auf dem Acker können beispielsweise zur Bekämpfung des Maiszünslers Gegenspieler wie die Trichogramma-Schlupfwespen eingesetzt werden.

Der heimische Siebenpunkt-Marienkäfer als einer der bekanntesten Nützlinge frisst während der Larvenentwicklung ca. 680 Blattläuse und als ausgewachsener Marienkäfer 120 Blattläuse am Tag (siehe Tab. 7). Ist die Kultur abgeerntet und keine Schädlinge mehr vorhanden, verzehren sie Pollen von Pflanzen wie Kornblume, Rainfarn, Schafgarbe und Ringelblume. Zum Überwintern zieht sich der Marienkäfer in Gehölz- und Saumstrukturen zurück. Somit benötigt der Käfer, um sich langfristig am Ausbringungsort zu etablieren, neben dem zu bekämpfenden Schädling weitere Beute und Rückzugsräume wie beispielsweise Nützlingsblühstreifen. Nur so kann eine geeignet große Population aufgebaut, dadurch Schädlinge
langfristig bekämpft und der Einsatz von Insektiziden entsprechend reduziert werden.

Hinweis

Um negative Effekte für das heimische Ökosystem auszuschließen, sollten möglichst heimisch vorkommende Nützlinge verwendet werden. Die Verwendung gebietsfremder Nützlinge kann zur Verdrängung heimischer Arten führen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der zur Blattlausbekämpfung ausgesetzte asiatische Marienkäfer, der den heimischen Siebenpunkt-Marienkäfer aufgrund seiner Konkurrenzstärke stark zurückdrängt. Ein weiterer Aspekt ist das mögliche Einschleppen von Krankheiten und Parasiten, auf die die wilden bzw. heimischen Verwandten nicht eingestellt sind.

Achtung

Für das Ausbringen gebietsfremder Arten in die freie Natur für Zwecke des Pflanzenschutzes bedarf es einer pflanzenschutzrechtlichen Genehmigung (§ 40 Abs. 4 BNatSchG).

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