8. Welche Maßnahmen können gleichzeitig zum Klimaschutz und zur Förderung der Biodiversität beitragen?

Bei der Anpassung der Landnutzung an den Klimawandel ergeben sich zahlreiche Synergien zum Erhalt der Biodiversität in der Agrarlandschaft. Denn viele biodiversitätsfördernde Maßnahmen tragen gleichzeitig direkt oder indirekt zum Schutz des Klimas, zur Reduktion von Umweltbelastungen und allgemein zu einer erhöhten Widerstandskraft von Agrarökosystemen bei. So können zum Beispiel Maßnahmen, wie der Verzicht auf Pflanzenschutz- und Düngemittel zweifach positiv wirken, indem weniger Ressourcen für die Produktion der Mittel verbraucht werden und gleichzeitig die Artenvielfalt gefördert wird. Bei der Umsetzung von Maßnahmen können somit im Idealfall zwei Ziele gleichermaßen verfolgt werden: Biodiversitäts- und Klimaschutz. Nachfolgend werden beispielhaft die Maßnahmen „Agroforstsysteme“ und „Humusanreicherung der Böden“ vorgestellt, deren CO2-speichernde Wirkung allgemein bekannt sind, die aber aus Naturschutzsicht noch zahlreiche weitere Vorteile bieten.

Agroforstsystem

Eine Landnutzungsform, bei der mehrjährige Gehölze wie Bäume oder Sträucher in Kombination mit landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Kulturen und/oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut werden.

Traditionelle Agroforstsysteme sind in Deutschland unter anderem G5 Streuobstwiesen, Waldweidehaltung oder auch Hecken als Windschutz oder Feldbegrenzungen. Neben diesen etablierten Formen gibt es eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten, sodass moderne Agroforstsysteme zum Beispiel Energieholzstreifen oder Wertholzsysteme mit Ackerbau vereinen. Diese multifunktionale Nutzung der agrarischen Fläche kann bei richtiger Umsetzung verschiedene positive Wechselwirkungen zwischen Klimaschutz und dem Erhalt der Biologischen Vielfalt schaffen, ohne mit Ertragseinbußen einhergehen zu müssen.

Ziel und Wirkung

Agroforstsysteme weisen eine Vielzahl von Umweltleistungen für die verschiedene Schutzgüter Klima, Boden, Wasser, Biodiversität und das Landschaftsbild auf:

Treibhausgas-Bilanz: Im Holz sowie in den Wurzeln der Bäume und Sträucher wird organischer Kohlenstoff gespeichert. Darüber hinaus dient auch der Boden als Kohlenstoffspeicher und bindet langfristig entsprechend CO2, weshalb Agroforstsysteme einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Die CO2-Speicherung ist allerdings abhängig von der Gehölzart, Pflanzdichte sowie Boden und Umtriebszeiten. Zusätzlich kann die Holznutzung zum Einsparen und Ersetzen fossiler Energieträger beitragen. Die Emission klimaschädlicher Gase kann zudem durch den Düngerverzicht und die reduzierte Bodenbearbeitung gemindert werden. Die Wirkung der Umstellung auf ein Agroforstsystem für den Klimaschutz ist abhängig von der vorherigen Ausgangsituation des Standorts (z. B. Höhe des potentiellen Humusaufbaus).

Treibhausgas-Bilanz: Im Holz sowie in den Wurzeln der Bäume und Sträucher wird organischer Kohlenstoff gespeichert. Darüber hinaus dient auch der Boden als Kohlenstoffspeicher und bindet langfristig entsprechend CO2, weshalb Agroforstsysteme einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Die CO2-Speicherung ist allerdings abhängig von der Gehölzart, Pflanzdichte sowie Boden und Umtriebszeiten. Zusätzlich kann die Holznutzung zum Einsparen und Ersetzen fossiler Energieträger beitragen. Die Emission klimaschädlicher Gase kann zudem durch den Düngerverzicht und die reduzierte Bodenbearbeitung gemindert werden. Die Wirkung der Umstellung auf ein Agroforstsystem für den Klimaschutz ist abhängig von der vorherigen Ausgangsituation des Standorts (z. B. Höhe des potentiellen Humusaufbaus).

Wetterextreme (Niederschläge, Kälte, Trockenheit): Durch den abschirmenden Effekt der Gehölzstreifen können die negativen Effekte von extremen Wetterereignissen für Ackerkulturen und Weidetiere abgemildert werden. Auch können die angebauten Gehölze zur Verbesserung des Mikroklimas und zur Verringerung der Verdunstung auf dem Feld und dadurch zu einer erhöhten Trockenresistenz führen.

Erosionsschutz und Bodenfruchtbarkeit: Die begleitenden Vegetationsdecken und Durchwurzelungen der Gehölze stabilisieren die Bodenstruktur und verringern das Erosionsrisiko. Die reduzierte Bodenbearbeitung und Befahrungsintensität mindern zudem die Bodenverdichtung. Die organische Masse der Gehölze (Laub sowie abgestorbene Wurzeln) fördert zusätzlich die Humusbildung, wodurch der Boden gegen Erosion geschützt und die Fruchtbarkeit gestärkt wird.

Wasserschutz: Aufgrund der Kombination von Gehölzen und agrarischer Nutzung gelangen weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel in Grund- und Oberflächengewässer: Die Gehölzstreifen reduzieren zum einen das Erosionsrisiko, zum anderen fungieren sie als Barriere, sodass Sediment- sowie Schadstoffeinträge verringert werden. Die tiefreichenden Wurzeln der Bäume können zudem die Nährstoffe, die bereits in tiefere Bodenbereiche verlagert wurden, aufnehmen und schützen so vor einem möglichen Eintrag in das Grundwasser.

Lebensraumaufwertung: Die unterschiedlichen Nutzungsweisen sowie die Kombination aus intensiv und extensiv genutzten Bereichen führen zu einer Strukturvielfalt, die Lebensräume für eine Vielzahl von Arten schaffen. Insbesondere Vögel, Kleinsäuger und Insekten profitieren von Biotopverbundsystemen. So nutzen viele Vögel wie z. B. Bluthänfling und Neuntöter die Gehölzstreifen als Nahrungsbiotope, Singwarte und Nisthabitate.

Artenvielfalt und Individuenzahl: Die im Agroforst entstehenden vielfältigen Biotope fördern die Vielfalt und Reproduktion der vorkommenden Arten, sodass sich neben der Arten- auch die Individuenzahl erhöht.

Geeignete Standorte

  • In intensiv landwirtschaftlich genutzten strukturärmeren Landschaften
  • Nicht geeignet auf artenreichen oder naturschutzfachlich wertvollen Grünlandflächen (z. B. Magerrasen oder Feuchtwiesen) sowie in natürlichen Offenlandgebieten
  • Bei Pachtflächen Zustimmung des Eigentümers einholen

Anlage

  • Verwendung heimischer Gehölze möglichst mit regionaler Herkunft, damit heimische Arten nicht durch gebietsfremde Arten verdrängt werden. Bei der Auswahl von Bäumen und Sträuchern sollten unterschiedliche Arten und Sorten zum Einsatz kommen
  • Integration vorhandener Landschaftselemente und -strukturen (wie Obstbäume, Hecken o. Ä.)
  • Ein weiterer Begleitgehölzstreifen neben den Baumstreifen führt zu einer Erhöhung der Strukturvielfalt
  • Zur Erosionsminderung sollte die Bepflanzung quer zum Gefälle bzw. der Hauptwindrichtung geschehen
  • Seitenränder und Bestandslücken innerhalb der Gehölzstreifen (Schattenbereich des Gehölzes) mit Selbstbegrünung oder standortgerechten, möglichst artenreichen Blühmischungen regionaler Herkunft begrünen, um das Artenspektrum zu erhöhen; punktuelle Pflanzausfälle der Gehölze möglichst als Lücke belassen
  • Integration weiterer Landschaftselemente wie offene Bodenstellen, Stein- und Totholzhaufen
  • Schutz vor Wildverbiss in den ersten Jahren sinnvoll Verzicht auf die Verwendung von Stecklingen, die vorab mit konkurrenzhemmenden Mitteln behandelt wurden, und auf Pflanzenschutzmittel bei der Anlage von Agroforstsystemen
  • Naturschutzfachlich orientierte Wahl der landwirtschaftlichen Nutzung (z. B. weite Fruchtfolgen, Kulturen mit geringem Betriebsmitteleinsatz)

Pflege

  • Extensive Pflege des Agroforstsystems (Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel, geringe Mahdhäufigkeit, naturschutzfachlich optimierte Mahdtermine)
  • Möglichst lange Umtriebszeiten und zeitlich versetzte Erntezeitpunkte der Gehölzstreifen (v. a. Wertholzsysteme), um eine vielfältige Altersstruktur zu schaffen und Rückzugsräume für Tiere zu erhalten
  • Durchführung der Holzerntemaßnahmen im Winter, möglichst bei gefrorenem Boden, um Bodenverdichtung zu vermeiden

Bezug zur Agrarförderung

ÖR 3 „Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland“ unter Einhaltung der jeweiligen Vorgaben.

Humusanreicherung der Böden

Der Humusanteil und somit die Kohlenstoffvorräte der Böden sind sowohl aus Sicht des Natur- als auch des Klimaschutzes relevant. Als Humus wird dabei die Gesamtheit der organischen Bodensubstanzen (abgestorbene pflanzliche und tierische Stoffe sowie deren Stoffwechselprodukte) bezeichnet. Entsprechend wird der Humusgehalt und seine Qualität von natürlichen Eigenschaften wie den Standortgegebenheiten beeinflusst. Darüber hinaus hat die landwirtschaftliche Nutzung einen enormen Einfluss auf den Humusgehalt im Boden. Dafür entscheidend ist die Menge und Zusammensetzung der organischen Biomasse, die jährlich innerhalb der Bewirtschaftung in den Boden eingetragen wird.

Ziel und Wirkung

Humusgehalt von Böden bestimmt wesentlich die biologischen, chemischen und physikalischen Prozesse in Böden und ist somit ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung der natürlichen Bodenfunktionen (Produktions-, Lebensraum- und Umbaufunktion). Somit fördert der Humuserhalt und -aufbau die Bodenfruchtbarkeit und erhöht die Ertragsstabilität:

  • Humus bindet Nährstoffe im Boden und reduziert so Auswaschungen in Gewässer. Dies ist besonders bei sandigen Böden von Vorteil
  • Gleichzeitig ist eine bedarfsgerechte Freisetzung der gebundenen Nährstoffe möglich: Da Humus eine wichtige Energie- und Kohlenstoffquelle für Bodenorganismen ist, wirkt er sich günstig auf die bodenbiologische Aktivität und die Bodenbiodiversität aus. Eine hohe biologische Aktivität führt wiederum zur Freisetzung von organisch gebundenen Nährstoffen, die für das Pflanzenwachstum nützlich sind
  • Humus sorgt für eine Erhöhung des Wasserspeichervermögens und der Infiltrationsrate, sodass Pflanzen bei extremer Trockenheit besser mit Wasser versorgt werden können und während Starkregenereignissen das Wasser besser aufnehmen
  • Mithilfe des Humusaufbaus kann die Bodenstruktur verbessert und die Erosionsanfälligkeit vermindert werden
  • Humus bindet Kohlenstoff im Boden, den die Pflanzen als CO2 aus der Atmosphäre entnehmen

Geeignete Standorte

  • Ackerflächen (insbesondere mit negativer Humusbilanz)
  • Trockengelegte Moore

Umsetzung

  • Verschiedene ackerbauliche Methoden wie Fruchtfolgegestaltung, Zwischenfruchtanbau, Untersaaten, Einarbeitung von Ernteresten und organischem Dünger sowie eine Minderung der Intensität der Bodenbearbeitung (auf Betriebsebene möglich; verpflichtend ab 2023 durch GLÖZ 6)
  • Ackerflächen längerfristig umwandeln zu mehrjährigen Blühstreifen, Dauergrünland, Agroforst (s. o.) oder Wald (auf Betriebsebene möglich; Verlust des Ackerstatus beachten)
  • Entwässerte Moorböden wiedervernässen, da auf diese Weise besonders effektiv Humus aufgebaut und CO2 gespeichert werden kann (eine Wiedervernässung erfordert allerdings überbetriebliche Regelungen und ist kaum durch einzelne Landwirte umsetzbar

Hinweis

Der Humusaufbau und damit die verbundene Kohlenstoffspeicherung sind zeitlich und mengenmäßig limitiert, da sich nach erhöhten Einträgen von organischen Substanzen ein Humusgleichgewicht einstellt. Da Humus reversibel ist, d. h. stetigen Ab- und Umbauprozessen unterworfen ist, muss der gewünschte Humusgehalt durch fortlaufende Einträge erhalten werden. Waldrodung oder Grünlandumbruch können dagegen in kürzester Zeit erhebliche Mengen an Kohlenstoff wieder freisetzen. Genauso kann eine tiefgründige Bodenbearbeitung den gespeicherten Kohlenstoff im neuaufgebauten Humus leicht wieder freisetzen, weshalb zu prüfen wäre, ob der aktuell vielfach beworbene Handel mit Humuszertifikaten als Ausgleich für andere Treibhausgas-Emissionsbereiche den gewünschten Effekt der CO2-Bindung tatsächlich erzielen kann. Außerdem haben Faktoren wie der Tongehalt, der Jahresniederschlag und die Jahresmitteltemperatur den größten Einfluss auf den Humusgehalt, welche wiederum nicht durch den Bewirtschafter beeinflusst werden können.