7. Welche Maßnahmen dienen der Förderung der Biodiversität im Boden?

Autoren: Dr. Christine van Capelle, Prof. Dr. Stefan Schrader
(Johann Heinrich von Thünen-Institut)

Bodenorganismen als Leistungsträger
Bodentiere und Bodenmikroorganismen (Bakterien, Pilze, Archaeen, Algen und Protisten) sind an vielfältigen ökologischen Prozessen und damit auch an der Bereitstellung der daraus resultierenden Ökosystemdienstleistungen beteiligt (siehe Tab. 8). Diese Ökosystemdienstleistungen sind von großem Nutzen, da sie die Basis für die Erfüllung grundlegender menschlicher Bedürfnisse, wie beispielsweise den Zugang zu Nahrung oder Wasser, schaffen. Das Leistungspotenzial der Organismen hängt von den vielfältigen Interaktionen funktionell verschiedener Organismengruppen ab. Die Erhaltung und Förderung der Bodenbiodiversität mit all ihren Ebenen stellt somit einen maßgeblichen Grundbaustein für den Zugang und die optimale Nutzbarmachung des breiten Leistungsspektrums dar.

Tabelle 8 / Von Bodenorganismen gesteuerte Prozesse und bereitgestellte Dienstleistungen

Schlüsselfaktoren für die Bodenbiodiversität

Das Vorkommen, die Individuenzahl und die Vielfalt von Bodenorganismen werden über drei Schlüsselfaktoren reguliert: die Habitatbedingungen (Bodengefüge aus Bodenaggregaten und luft- oder wassergefüllten Poren), den Zugang zu erforderlichen Nahrungsquellen (z. B. Mikroorganismen oder Ernterückstände) und das Bodenmikroklima (z. B. Bodentemperatur, Bodenfeuchte). Auf mechanische
und chemische Störungen reagieren Bodenorganismen empfindlich. So wirken sich beispielsweise eine wendende Bodenbearbeitung, die die Vertikalzonierung der Organismen umkehrt und das Bodengefüge verändert, ebenso wie eine starke Bodenverdichtung, die das Volumen der Porenräume reduziert, negativ auf viele Bodenorganismen aus. So nehmen etwa die Artenvielfalt und Individuenzahl von Regenwürmern von Direktsaat über konservierend bearbeitete Böden bis hin zu gepflügten Böden ab. Auch starke Änderungen des chemischen Bodenmilieus (stoffliche Zusammensetzung der Bodenlösung, pH-Wert etc.), beispielsweise durch den intensiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, sowie Schwankungen des Mikroklimas, wie durch große Trockenheit, können für die Organismengemeinschaften zum Problem werden.

Hingegen profitiert die Bodenbiodiversität von einem stabilen Bodengefüge, einer ausreichenden Verfügbarkeit verschiedener Nahrungsquellen (z. B. Wurzelausscheidungen, Erntereste oder organische Dünger) sowie einer möglichst ganzjährigen Bodenbedeckung, die Schutz vor Austrocknung bietet und das Bodenmikroklima stabil hält. Eine intakte Bodenbiodiversität mit einer hohen mikrobiellen Aktivität führt wiederum zu einer Humusneubildung, was eine hohe Bedeutung für die Fruchtbarkeit und die Kohlenstoffspeicherung im Boden hat. Je nach Standortbedingungen können einzelne oder auch mehrere der im folgenden aufgeführten Maßnahmen zur Förderung der Bodenbiodiversität und damit zur optimalen Nutzung der von ihr bereitgestellten Ökosystemdienstleistungen beitragen.

Mögliche Maßnahmen zur Förderung der Bodenbiodiversität

  • Reduzierung der Bodenbearbeitungsintensität (von Pflugverzicht bis Direktsaat)
  • Bodenruhe (z. B. Brache; siehe A1, A2, A7)
  • Ganzjährige Bodenbedeckung (z. B. Zwischenfrucht siehe A10, Mulch)
  • Mehrjährige Kulturpflanzen (z. B. mehrjährige Energiepflanzen)
  • Diversifizierung der Anbaukulturen (Fruchtfolgen erweitern; siehe A4b, A5, A10, A11)
  • Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und mineralischen Düngern (Precision Farming)
  • Anwendung organischer Dünger
  • Vermeidung von Bodenverdichtung infolge schwerer Landmaschinen
  • Reduktion der Überfahrten durch Optimierung und Kombination der Arbeitsabläufe

Kenntnisstand und aktuelle Entwicklung

Sofern es die Standortbedingungen zulassen, sind insbesondere gut aufeinander abgestimmte Maßnahmenkombinationen für die Aufrechterhaltung und Förderung der funktionellen Vielfalt der Bodenorganismen effektiv. So hat sich etwa die Kombination aus reduzierter Bodenbearbeitung und Mulchen als besonders förderlich für die Bodenbiodiversität und damit auch für die Bereitstellung der
von ihr erbrachten Ökosystemdienstleistungen erwiesen. Auch ein wiederkehrender Pflugverzicht für drei bis fünf Jahre dient dem Bodenschutz und fördert den Biodiversitätspool im Boden. Eine Erweiterung der Fruchtfolge auf fünf bis acht unterschiedliche Kulturpflanzenglieder oder die Ausbringung organischer Dünger wirken sich ebenso positiv auf die Entwicklung einer funktionellen Vielfalt der Organismengemeinschaften aus.

Hinweis

Um konkrete Handlungsempfehlungen für bestimmte Standortbedingungen zu formulieren, werden aktuell in europäischen Forschungsprojekten (z. B. Soildiver-Agro) einzelne oder kombinierte Maßnahmen in verschiedenen landwirtschaftlichen Systemen getestet und bewertet.

Eine standortangepasste Anwendung umwelt- und bodenschonender Praktiken (Top-down-Effekt) begünstigt die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen durch Bodenorganismen (Bottom-up-Effekt) und stärkt langfristig die Resilienz des landwirtschaftlichen Produktionssystems gegenüber Umweltfaktoren (z. B. Schaderreger, Extremwetterereignisse) (siehe Abb. 10). Daraus resultieren wiederum stabile Erträge bei der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln sowie Rohstoffen.

Abbildung 10 / Synergistisches Zusammenwirken zwischen Landwirten und Bodenorganismen für eine nachhaltige Pflanzenproduktion

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